Welt-Down-Syndrom-Tag 2024 – Medienmitteilung

#EndTheStereotypes – „Schluss mit den Vorurteilen“

Der Welt-Down-Syndrom-Tag (WDST) 2024 steht unter dem internationalen Motto #EndTheStereotypes – „Schluss mit den Vorurteilen“. Die internationale Dachorganisation Down Syndrome International (DSi) ruft dazu auf, sich mit stereotypen Vorstellungen und Vorurteilen über Menschen mit Down-Syndrom auseinanderzusetzen. Einige Aussagen von Erwachsenen mit Down-Syndrom über Vorurteile finden Sie hier.

Eines der weit verbreiteten Vorurteile ist „Menschen mit Down-Syndrom sind nicht leistungsfähig“. Das Gegenteil ist der Fall. Die meisten arbeiten in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung (WfbM), ein (noch) kleiner Teil ist auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig. Das belegt die aktuelle Umfrage „Erwachsene mit Down-Syndrom am Arbeitsmarkt in Deutschland“ des Deutschen Down-Syndrom InfoCenters (DS-InfoCenters).

In Deutschland gab es bislang keine aussagekräftigen Erhebungen darüber, welche Arbeitsplätze Erwachsenen mit Down-Syndrom zur Verfügung stehen, wie die beruflichen Werdegänge aussehen und welche Hürden Familien innerhalb der Berufswelt zu nehmen haben. Das DS-InfoCenter initiierte in Vorbereitung auf den WDST 2024 eine bundesweite Online-Umfrage unter erwerbstätigen Menschen mit Down-Syndrom und deren Eltern und Bezugspersonen. Es ist die erste Umfrage dieser Art in Deutschland. Nun werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert.

Nur 17,2 % der teilnehmenden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig. Auch 2024 arbeiten die meisten Menschen mit Down-Syndrom in Werkstätten. Die Ergebnisse der Umfrage zeigen deutlich: Deutschland ist von einem inklusiven Arbeitsmarkt für Menschen mit Down-Syndrom meilenweit entfernt. Bürokratische Hürden erschweren den Einstieg in den allgemeinen Arbeitsmarkt oder den Wechsel dorthin. Es fehlt an Personalressourcen sowie an fachlicher, finanzieller und praktischer Unterstützung.

Die Ergebnisse im Überblick

529 Personen aus ganz Deutschland nahmen an der Umfrage teil. Die meisten der teilnehmenden Arbeitnehmer:innen waren jünger als 26 Jahre. Auch die Altersgruppe bis 40 Jahre war gut vertreten. Die wenigsten Teilnehmer:innen waren im Alter zwischen 40 und 60 Jahren.

Zur Situation von Menschen mit Down-Syndrom auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt: 82,2 % arbeiten nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.

Zur Situation der staatlichen Unterstützung am Arbeitsmarkt: Nach Ansicht der Familien erhalten Menschen mit Down-Syndrom in Deutschland keine ausreichende und kompetente Unterstützung auf dem Weg zum oder am allgemeinen Arbeitsmarkt. Programme, staatliche Beratungs- und Unterstützungsleistungen (zum Beispiel Persönliches Budget, Beratung durch die Agentur für Arbeit oder Integrationsämter) funktionieren nicht ausreichend: Bürokratische Hürden, mangelnde Information, fehlende personelle Ressourcen (zum Beispiel Arbeitsassistenzen) und nicht vorhandene Rechtsgrundlagen sowie das Festhalten am „traditionellen“ Weg verhindern die freie Wahl des Arbeitsplatzes. 20,5 % der Befragten nannten als Hürde Vorurteile der Arbeitgebenden gegenüber Menschen mit Down-Syndrom.

Menschen mit Down-Syndrom, die besondere berufliche Interessen aufweisen, die die Werkstatt nicht abdecken kann, werden in ihren Bedürfnissen und Rechten nicht ernst genommen. Die Familien berichten von bürokratischen Hürden und mangelnder Offenheit seitens der Vorgesetzten. Angehende Beschäftigte erhalten in der Regel nur die Möglichkeit, eine Förderschule und anschließend eine Werkstatt in der nächstgelegenen WfbM zu besuchen, oft unabhängig von den Interessen und Fähigkeiten des Menschen mit Down-Syndrom.

Aufgrund der beschriebenen Situation ist eine freie Berufswahl nicht, kaum oder nur unter inakzeptablen Bedingungen möglich. Auch eine Förderung oder Weiterbildung findet nur unzureichend statt.

Nach dem Zwischenbericht der „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (9/2022) liegt das sogenannte „Entgelt“ in der Werkstatt im Durchschnitt bei rund 190 Euro pro Monat (S. 48). Der Mindestlohn gilt in diesen sogenannten „Rehabilitationsmaßnahmen“ nicht, obwohl die Beschäftigten einen wichtigen wirtschaftlichen Beitrag leisten.

Der Umfrage des DS-InfoCenters zufolge gibt es einen Zusammenhang zwischen Schulbesuch und Arbeitsweg. Kinder, die eine Förderschule besuchen (45,4 % der Befragten), werden später eher in einer Werkstatt arbeiten. Kinder, die auf eine weiterführende Regelschule oder eine inklusive Schule gehen, können später mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Stelle auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt finden.

Eine mögliche Schlussfolgerung daraus: Wenn die Teilhabe von Menschen mit Down-Syndrom bereits während ihrer Schulzeit gefördert wird, kann auch später die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt leichter erfolgen.

Jeder Mensch hat das Recht, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen und so auch den für sie/ihn gewünschten Platz am Arbeitsmarkt zu erhalten. Menschen mit Down-Syndrom und ihre Familien brauchen Zugänge zu Bildung und zum Arbeitsmarkt ohne bürokratische Hürden, eine pragmatische und unkomplizierte Unterstützung im Berufsalltag und individuelles Eingehen auf berufliche Wünsche und Interessen. Erst dann kann Inklusion gelingen.

Im Rahmen der Umfrage haben die Teilnehmenden auch Forderungen an die Politik formuliert. Am häufigsten genannt wurden:

  • 75,4 %: Bessere Bereitstellung von Informationen für Familien (über Alternativen zur Werkstatt, zum Übergangsmanagement, zu Finanzierungsmöglichkeiten usw.)
  • 72,4 %: Bessere Bereitstellung von Informationen für Arbeitgebende (über Menschen mit Down-Syndrom, Unterstützungsmöglichkeiten, Hilfsmittel usw.)
  • 67,3 %: Mehr Angebote zur Berufsorientierung schaffen
  • 55 %: Mehr Beratungsangebote für Familien oder Menschen mit Behinderungen schaffen
  • 47,6 %: Arbeitgeber auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mehr Auflagen erfüllen lassen (Stichwort: „Schwerbehindertenausgleichsabgabe“)
  • 44,5 %: Bessere Unterstützung in Form von Integrationsfachdiensten anbieten
  • 44,0 %: Bessere Arbeitsbedingungen in Werkstätten ermöglichen

Weitere Informationen zur Umfrage „Erwachsene mit Down-Syndrom am Arbeitsmarkt in Deutschland“

Weitere Informationen zum WDST 2024 „Schluss mit den Vorurteilen“

Was Menschen mit Down-Syndrom über Vorurteile sagen

Kontakt

Deutsches Down-Syndrom InfoCenter, Tel. +49 9123 982121, E-Mail: info@ds-infocenter.de, Hammerhöhe 3, 91207 Lauf

Über den WDST

Jährlich ist der 21.3. ein Tag, an dem Personen mit Down-Syndrom weltweit im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Die Vereinten Nationen haben im November 2011 den 21.3. zum Welt-Down-Syndrom-Tag erklärt. Das Datum steht in Verbindung mit dem genetischen Ursprung des Down-Syndroms (auch Trisomie 21 genannt).

Über das DS-InfoCenter

Das Deutsche Down-Syndrom InfoCenter ist ein seit Jahrzehnten anerkanntes Kompetenz- und Beratungszentrum für Menschen mit Down-Syndrom, ihre Angehörigen, Fachkräfte und alle Interessierten. Wir recherchieren und bündeln Wissen und Erfahrungen in unserer Fachzeitschrift „Leben mit Down-Syndrom“ und erstellen Publikationen zu Gesundheitsthemen, Förderung, Pädagogik und Inklusion. Wir bieten Angehörigen und Fachkräften ein umfangreiches Bildungsprogramm. Für Jugendliche und junge Erwachsene mit Down-Syndrom veranstalten wir regelmäßig Seminare im Rahmen unserer DS-Akademie.

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